Alfred Lang

University of Bern, Switzerland

Book Review 1984

BOESCH, Ernst E. (1983): Das Magische und das Schöne: zur Symbolik von Objekten und Handlungen. Frommann-Holzboog, Stuttgart-Bad-Cannstatt. 335 S.

1984.07

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Schweizerische Zeitschrift für Psychologie und ihre Anwendungen, 1984, 43 (3), 252

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Obwohl das Buch zwei speziellen Themen gewidmet ist, führt es mitten in zentrale Probleme heutiger psychologischer Diskussion, nämlich Handlungstheorie und Ökopsychologie. Zugleich ist das Buch ein Beispiel für integratives Vorgehen, weil hier die Pluralität psychologischen Denkens für einmal nicht bedauert, sondern gewissermassen zum Arbeitsprinzip erhoben wird. Es muss einmal gesagt sein, dass Boesch innerhalb der deutschsprachigen Nachkriegspsychologie wohl nicht nur der erste Handlungstheoretiker gewesen ist (auf der Linie Janet, Piaget aufbauend und erst später Lewin entdeckend), sondern sicher auch der erste Ökopsychologe.

In dem vorliegenden Buch wird, wie schon in den früheren Publikationen Boeschs, gezeigt, dass die Objektwelt und die Subjektwelt in einem anderen Verhältnis zueinander verstanden werden sollten, als wir dies üblicherweise tun. Die Dinge um uns herum nehmen wir gewöhnlich für Gegebenes, zu bestimmtem Tun instrumentell Verfügbares; natürlich sind sie das auch, aber näheres Hinsehen lehrt, dass nicht nur sie, die Objekte, ihre Bedeutungen aus unserem Umgang mit ihnen beziehen, sondern dass auch wir, die Subjekte uns erst durch sie erfahren, vielleicht konstituieren. Im Anschluss an rund 60 Seiten allgemeiner Überlegungen zu Themen wie Subjekt und Objekt, Schema und Konzept, Konstellation und Konnotation u.ä. illustriert und differenziert Boesch seine Vorstellungen, die sich nicht leicht in kurze Sätze zusammenfassen lassen, anhand von kulturpsychologischem Material, grösstenteils aus Untersuchungen seines Saarbrückener Instituts für Sozialpsychologische Forschung.

Boeschs Ausführungen zum magischen Objekt sind wie gewohnt subtil und einsichtstiftend, die erhellenden Seitenblicke auf Selbstverständlichkeiten in unserer Kultur nicht minder als die exotischeren thailändischen Beispiele; die eigentliche Ordnung vom Menschen-in-seiner-Welt wird allenthalben spürbar. Das Magische entspringe der Herausforderung einer Gegenwelt. So nebenbei äussert Boesch auch sehr plausible Einsichten über die Verwandtschaft des wissenschaftlichen mit dem magischen Umgehen mit der Gegenwelt, die man gerne weiter verfolgt sähe. Das Problem des schönen Objekts hingegen scheint auch ihm mehr Schwierigkeiten zu machen: wie wird aus Gegenwelt eine Art Mit-Welt des Subjekts? Gestalten wir materielle Umwelt so, "dass sie inneren Bildern oder Neigungen entspricht, um damit ... die Distanz zwischen Subjekt und Objekt zu verringern" (S.308)? Wenn dies so ist, wo kommen dann die inneren Bilder und Neigungen her, und warum gehen wir nicht in diesen schönen Dingen ganz und gar auf? Ich vermisse in Boesch's Ansatz die systematische Berücksichtigung des Entwicklungsaspektes und damit die Notwendigkeit der Betonung relativer Unabhängigkeit von Subjekt und Objekt, von Handelndem und seiner Gegenwelt; diese kulturell-kognitiven Mensch-Umwelt-Systeme drehen sich gewissermassen um sich selbst.

A.L.

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